NPO

Rücklagenbildung bei gemeinnützigen Organisationen

Für gemeinnützige Organisationen ist der richtige Umgang mit finanziellen Mitteln entscheidend – nicht nur für die Verwirklichung ihrer Ziele, sondern auch zur Wahrung der Gemeinnützigkeit. Das Finanzministerium Sachsen-Anhalt hat in einem Schreiben vom 18.02.2025 noch einmal wichtige Grundsätze zur Rücklagenbildung und Mittelverwendung zusammengefasst, die wir hier komprimiert aufzeigen und ergänzen:

Zentrale Voraussetzung für die Steuerbegünstigung ist, dass Mittel „zeitnah“ für den gemeinnützigen Zweck eingesetzt werden. Als zeitnah gilt noch die Verwendung innerhalb von zwei Kalender- oder Wirtschaftsjahren nach dem Jahr des Zuflusses. Eine Verlängerung dieser Frist ist nicht zulässig – selbst wenn die Verwendung noch in Planung ist. Für kleinere Organisationen mit jährlichen Einnahmen bis 45.000 Euro gilt diese Verpflichtung allerdings nicht.

Die zeitnahe Mittelverwendung ist nachzuweisen. Dies kann in einer Nebenrechnung (Mittelverwendungsrechnung) erfolgen. Ausnahmen zur zeitnahen Mittelverwendung ergeben sich aus § 62 AO. Unter bestimmten Voraussetzungen dürfen gemeinnützige Organisationen Mittel einer Rücklage zuführen:

1. Zweckgebundene Rücklage (§ 62 Abs. 1 Nr. 1 AO):
Für konkrete satzungsgemäße Vorhaben (Projekte und Investitionen) mit nachvollziehbarer Planung – in der Regel innerhalb von sechs Jahren realisierbar. Zu dieser Rücklagenart gehört auch die so genannte Betriebsmittelrücklage, deren Höhe vom Umfang der regelmäßigen Einnahmen und der wiederkehrenden Ausgaben abhängt.

2. Wiederbeschaffungsrücklage (§ 62 Abs. 1 Nr. 2 AO):
Für die geplante Wiederbeschaffung notwendiger Wirtschaftsgüter, etwa Fahrzeuge oder Technik, die für die Erfüllung satzungsmäßiger Zwecke notwendig sind.

3. Freie Rücklage (§ 62 Abs. 1 Nr. 3 AO):
Bis zu 1/3 des Überschusses aus Vermögensverwaltung und zusätzlich bis zu 10 % der übrigen zeitnah zu verwendenden Mittel können frei rückgestellt werden. Zu diesen übrigen Mitteln zählen Gewinne aus dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und dem Zweckbetrieb, sowie die Bruttoeinnahmen aus dem Ideellen Bereich. Diese Rücklage darf dauerhaft bestehen, muss jedoch langfristig für gemeinnützige Zwecke verwendet werden.

4. Rücklage zum Beteiligungserhalt (§ 62 Abs. 1 Nr. 4 AO):
Für den Erhalt prozentualer Beteiligungen an Kapitalgesellschaften (i.d.R. bei Kapitalerhöhungen). Eine solche Rücklage mindert allerdings die zulässige freie Rücklage. Nicht hierzu zählt der erstmalige Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft. M.E. ist für Beteiligungen, die im Ideellen Bereich gehalten werden, keine Rücklagenbildung notwendig, da hierfür auch zeitnahe zu verwendende Mittel eingesetzt werden können.

Darüber hinaus sind Rücklagen auch im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und in der Vermögensverwaltung erlaubt – jedoch nur bei konkretem Anlass und klarer Notwendigkeit.

Rücklagen sollen nach Auffassung der Finanzverwaltung bei bilanzierenden Körperschaften offen in der Bilanz, getrennt vom übrigen Kapital, ausgewiesen werden. Davon abweichend können Rücklagen aber auch in einer Nebenrechnung zum Jahresabschluss gezeigt werden. Bei nicht bilanzierenden Körperschaften sollen die Rücklagen ebenfalls in einer Nebenrechnung aufgeführt werden.

Einige Zuwendungen dürfen direkt dem Vermögen zugeführt werden und unterliegen somit nicht der Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung. Dazu zählen z.B.:

• Zuwendungen von Todes wegen, wenn der Erlasser keine Verwendung für den laufenden Aufwand der Körperschaft vorgeschrieben hat,
• Zuwendungen, bei denen der Zuwendende ausdrücklich erklärt, dass diese zur Ausstattung der Körperschaft mit Vermögen oder zur Erhöhung des Vermögens bestimmt sind,
• Zuwendungen auf Grund eines Spendenaufrufs der Körperschaft, wenn aus dem Spendenaufruf ersichtlich ist, dass Beträge zur Aufstockung des Vermögens erbeten werden,
• Sachzuwendungen, die ihrer Natur nach zum Vermögen gehören.

Stiftungen können noch eine besondere Vermögenszuführung vornehmen. Sie können in den ersten vier Kalenderjahren (dem Jahr der Errichtung und den folgenden drei Kalenderjahren) die Gewinne aus der Vermögensverwaltung, des Zweckbetriebs und des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ganz oder teilweise dem Vermögen zuführen.

Wenn eine Körperschaft Mittel ohne zulässige Rücklagen ansammelt, kann das Finanzamt eine Verwendungsfrist setzen. Werden die Mittel nicht innerhalb dieser Frist eingesetzt, droht der Verlust der Gemeinnützigkeit.

Gemeinnützige Organisationen dürfen also Rücklagen bilden – aber nur unter klaren gesetzlichen Bedingungen. Eine transparente Dokumentation der zeitnahen Mittelverwendung und eine strategische Finanzplanung sind unerlässlich, um sowohl Projekte nachhaltig zu fördern als auch den Status der Gemeinnützigkeit zu sichern. Ein Verlust der Gemeinnützigkeit zieht i.d.R. auch Haftungsansprüche gegen die gesetzlichen Vertreter nach sich, da durch den Verlust der Gemeinnützigkeit nicht nur die Steuerbegünstigung verloren gehen kann, sondern auch Rückforderungsansprüche zu öffentlichen Mitteln (Zuschüsse, Fördermittel, etc.) entstehen können.